Der Klimawandel betrifft in besonderem Maße Europas höher gelegene Regionen. Wie lange etwa unsere Fichtenwälder noch bestehen und wie man die Berghänge in Zukunft bewirtschaften soll, erforscht ein EU-Projekt unter der Leitung von Ao.Univ.-Prof. Dr. Manfred Lexer vom Institut für Waldbau der Universität für Bodenkultur in Wien. Dr. Heimo Truhetz vom Wegener Center für Klima und Globalen Wandel der Karl-Franzens-Universität Graz steuert die nötigen Klimadaten bei.
Der Wald ist Holzlieferant und Lebensraum für viele Arten, gleichzeitig Kohlenstoffspeicher und bietet Schutz vor Naturgefahren, um nur einige Ökosystemleistungen zu nennen. „Durch die Erderwärmung gerät er vielerorts zunehmend unter Stress“, betont Truhetz. In den tiefer gelegenen Bereichen der Berggebiete steigt mit zunehmenden Temperaturen die Verdunstung, wodurch einige Baumarten nicht mehr ausreichend Wasser bekommen. In höheren Lagen werden Insekten wie der Borkenkäfer von der Erwärmung profitieren und verstärkt Schäden anrichten, wo sie bis jetzt keine Gefahr dargestellt haben.
Truhetz hat im Rahmen des EU-Projekts umfangreiche Klimaprojektionen für sieben Bergregionen in Europa erstellt, darunter auch das Vorarlberger Montafon oder die Dinarischen Alpen in Slowenien. „Wir müssen überall mit höheren Temperaturen rechnen. Im Norden Europas nehmen Niederschläge zu, im Süden ab.“ Legt man ein gängiges Emissionsszenario des Weltklimarates zugrunde, werden beispielsweise in Spanien die Tageslichttemperaturen im Sommerhalbjahr bis 2100 – verglichen mit dem Durchschnitt der Jahre 1961 bis 1990 – um drei bis sieben Grad Celsius steigen, während der Niederschlag um 24 bis 52 Prozent abnimmt. Im Montafon muss man in Zukunft ebenfalls mit höheren Temperaturen rechnen, im Winter zeigen die Modelle hier allerdings um bis 38 Prozent größere Niederschlagsmengen an. Ganzjährig mehr Regen erwartet Norwegen, wo die Temperaturen nur etwa um zwei bis vier Grad steigen werden.
Die tatsächlichen Folgen des Klimawandels auf Temperatur- und Niederschlagsverhältnisse sind mit Unsicherheiten behaftet. Truhetz berücksichtigt daher die gesamte Bandbreite verfügbarer Klimaprojektionen über das 21. Jahrhundert. Die errechneten Daten werden in spezielle Programme zur Simulation der jeweiligen Bewirtschaftungssysteme gespeist, die das Projektteam gemeinsam mit ExpertInnen und VertreterInnen der Waldwirtschaft vor Ort entwickelt hat. So werden die konkreten Auswirkungen des Klimawandels auf Bergwald-Ökosysteme in diesen Regionen sichtbar. „Generell lässt sich beobachten, dass sich die Klimazonen von Süden nach Norden, aber auch in größere Seehöhen verschieben“, weiß Truhetz.
Im von der EU geförderten Projekt ARANGE – die Abkürzung steht für Advanced multifunctional management of European mountain forests – arbeiten seit dem Start vor drei Jahren 16 Forschungsinstitutionen aus ganz Europa zusammen. Ziel ist es, auf Grundlage der Klimaprojektionen robuste Anpassungsstrategien für die Waldbewirtschaftung zu entwickeln, um die Funktionsfähigkeit der Ökosysteme auch in Zukunft zu erhalten.
Thursday, 16 July 2015