Wasserdampf ist das bedeutendste natürliche Treibhausgas. Steigt sein Gehalt in der Stratosphäre, so erhöht sich auch die Temperatur in der darunter liegenden Wetterschicht, der Troposphäre, was unter anderem zur globalen Erwärmung beiträgt. ForscherInnen des Wegener Center der Uni Graz konnten mit Hilfe der Methode der Radio-Okkultation nun erstmals nachweisen, dass es bei tropischen Wirbelstürmen häufiger als angenommen zu einem „Überschießen“ von Wasserdampf in die Stratosphäre kommt. Die neuen Erkenntnisse der Grazer WissenschafterInnen wurden kürzlich im renommierten Open-Access-Journal „Atmospheric Chemistry and Physics“ veröffentlicht.
„Tropische Wirbelstürme, je nach Entstehungsort auch Hurrikane, Taifune oder Zyklone genannt, sind riesige Wolkensysteme, die sich über rund 500 Kilometer in der Horizontalen erstrecken und bis über 15 Kilometer auftürmen“, weiß Riccardo Biondi, PhD, Forscher am Wegener Center für Klima und Globalen Wandel der Uni Graz und Erstautor einer Studie, welche die Interaktion solcher Wirbelstürme mit der Stratosphäre untersucht.
Normalerweise schließen diese Wolkenformationen oben flach ab, da sie an der Tropopause, dem Übergang zwischen Wetterschicht und Stratosphäre in rund 15 Kilometern Höhe durch entsprechende Temperatur- und Druckverhältnisse am weiteren Aufsteigen gehindert werden. „Häufig aber“, so Riccardo Biondi, „ sind die vertikalen Winde so stark, dass sie die Tropopause verformen und Teile der Wolken nach oben drücken, wobei Wasserdampf in die Stratosphäre gelangt.“ Ein Vorgang, der als „Überschießen“ bezeichnet wird. Bisher war dieser Effekt nur bei Gewittern über Land belegt.
Ihre Erkenntnisse haben die ForscherInnen durch die Auswertung von Radio-Okkultations-Daten gewonnen. Bei dieser Methode werden mit Hilfe von GPS-Signalen von Sender- zu Empfängersatelliten die Temperatur und andere Klimagrößen in der Atmosphäre gemessen. Die Radio-Okkultation bietet die einzige globale Möglichkeit, die Interaktion von tropischen Wirbelstürmen mit der Stratosphäre zu untersuchen. „Denn die Wellenlänge der GPS-Signale ist mit rund 20 Zentimetern viel größer als die Partikel in den Wolken. Deshalb werden die Signale nicht absorbiert“, erklärt Biondi.
Der Wissenschafter analysierte Daten von Hurrikanen, die über dem Atlantik entstehen, und von Taifunen, die sich über dem Pazifik entwickeln. Die Forschungen ergaben, dass es einen Zusammenhang zwischen der Herkunft der Stürme, deren Häufigkeit und dem „Überschießen“ gibt. „Im Atlantik entstehen mehr Wirbelstürme, doch steigt bei ihnen seltener Wasserdampf in die Stratosphäre auf als bei Stürmen, die ihren Ursprung im pazifischen Ozean haben. Letztere sind meist stärker und reichen höher hinauf“, berichtet Biondi. Diese Ergebnisse tragen wesentlich zu einem besseren Verständnis von regionalen Mustern der globalen Erwärmung bei.
Publikation:
Characterization of thermal structure and conditions for overshooting of tropical and extratropical cyclones with GPS radio occultation
R. Biondi, A. K. Steiner, G. Kirchengast, and T. Rieckh