Hitzeperioden wie etwa im Jahrhundertsommer 2003 in Mitteleuropa, aber auch lang anhaltende Kälte im Winter haben häufig ihre Ursache in einem Hoch, das in der Atmosphäre festhängt und die Weiterbewegung der Druckfelder behindert. Dabei handelt es sich um eine Wetterlage, die als „Blocking“ bezeichnet wird. ForscherInnen am Wegener Center für Klima und Globalen Wandel der Karl-Franzens-Universität Graz haben nun erstmals nachgewiesen, dass sich Blocking mit der satellitengestützten Methode der Radio-Okkultation, die mit GPS-Signalen arbeitet, real beobachten lässt. Bis dato konnte das Phänomen nur mit Hilfe von Daten aus Modellrechnungen erfasst werden. Die neuen Erkenntnisse wurden kürzlich im renommierten Fachjournal Atmospheric Chemistry and Physics veröffentlicht.
Die Radio-Okkultation basiert auf Signalen von GPS-Satelliten, die sich zu mehreren Empfänger-Satelliten hin ausbreiten. Auf ihrem Weg durch die Atmosphäre werden die Signale durch Änderungen der Luftdichte gebrochen. Aus der Stärke der Ablenkung lassen sich Informationen über Druck, Temperatur und Luftfeuchte ableiten. „Da beim Blocking über mehrere Wochen stabile, besonders stark ausgeprägte Druck- und Temperaturverhältnisse herrschen, ist die Methode der Radio-Okkultation gut geeignet, diese Wetterlage nachzuweisen“, fasst Lukas Brunner, MSc, Erstautor der aktuellen Publikation, die neuen Erkenntnisse zusammen.
„Aus der Ablenkung der GPS-Signale und der daraus berechneten Druckverteilung ist es möglich, das Phänomen im Detail zu analysieren“, ergänzt Ass.-Prof. Dr. Andrea Steiner, stellvertretende Leiterin des Wegener Center und der Forschungsgruppe für Atmosphärenfernerkundung und Klimasystem. „Damit eröffnet die Radio-Okkultation erstmals einen Weg, in die Atmosphäre hineinzuschauen und das Blocking in der Realität zu beobachten“, unterstreicht Steiner die Bedeutung der Forschungen. Auf diese Weise lassen sich Klimaphänomene in Zukunft genauer untersuchen.
Für ihre jüngst veröffentlichte Arbeit zogen die Grazer WissenschafterInnen Radio-Okkultationsdaten aus dem Jahr 2010 heran, als ein über Russland „gefangenes“ Hoch einen Monat lang für Hitze sorgte, sowie Messungen aus 2013, als Großbritannien von einer Kältewelle heimgesucht wurde. Zur Verfügung standen tägliche Daten in einem Gitter-Abstand von 2,5 mal 2,5 Längen- und Breitengraden. „Diese hohe zeitliche und räumliche Auflösung war Voraussetzung, um exakte Analysen der Blockingstruktur anstellen zu können“, so Steiner.
Publikation:
Exploring atmospheric blocking with GPS radio occultation observations
Lukas Brunner, Andrea K. Steiner, Barbara Scherllin-Pirscher, and Martin W. Jury
Atmospheric Chemistry and Physics, doi:10.5194/acp-16-4593-2016
Die Arbeit wurde im Rahmen des vom Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF geförderten Doktoratskollegs Klimawandel durchgeführt und ist im Forschungsschwerpunkt „Umwelt und Globaler Wandel“ der Universität Graz verankert.