Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie schwierig es ist, globale Krisen in dem komplexen System menschlicher Gesellschaften zu bewältigen. Denn Störungen in einem Sektor ziehen oft kaskadenartig weitere Probleme in anderen Bereichen nach sich. Man denke etwa an die aktuellen Lieferengpässe bei Halbleiterbauteilen oder die hohen Energiepreise. Wie Covid-19 können auch die Auswirkungen des Klimawandels und ein unangemessener Umgang damit Gesellschaften auf vielen verschiedenen Ebenen in Bedrängnis bringen – vom Handels- und Finanzsystem bis zu den Mobilitäts- und Kommunikationsnetzen. Dabei sind es meist die Schwächsten, die am härtesten getroffen werden. Ilona Otto, Professorin für Gesellschaftliche Folgen des Klimawandels und Postdoc-Forscher Andrew Ringsmuth vom Wegener Center der Universität Graz beschreiben in einem Artikel im Wissenschaftsjournal Climate Risk Management, was wir aus der Pandemie zur Bewältigung der Klimakrise lernen können.
„Von entscheidender Bedeutung ist es, soziale und ökologische Resilienz aufzubauen, um gut für die Folgen des Klimawandels gewappnet zu sein“, unterstreichen die ForscherInnen. Dabei verstehen sie unter Resilienz mehr als die Fähigkeit, Probleme zu überstehen und sich davon zu erholen, sondern vielmehr als Prozess der Veränderung zu einem den Umständen besser angepassten Verhalten oder System. Ein Beispiel wäre der Umgang mit steigenden Temperaturen in traditionellen Wintersportgebieten. „Eine resiliente Gemeinde könnte den Schneemangel zwar für eine gewisse Zeit durch die Erzeugung von Kunstschnee kompensieren, sollte aber letztendlich ihren Fokus auf neue Geschäftsfelder, wie etwa den Sommertourismus, richten“, erklärt Ringsmuth.
Hilfreich dafür sei, ein globales System zur Beobachtung der Klimafolgen und zum offenen Daten-Austausch. Denn der Klimawandel kennt weder Sektoren- noch Ländergrenzen. „Nur wenn weitreichende Wechselwirkungen und mögliche Kettenreaktionen erkannt werden, lassen sich erfolgreiche Maßnahmen zur Anpassung erarbeiten“, so die AutorInnen. Trotzdem werden weiterhin Unsicherheiten in der Vorhersage von Klimafolgen bleiben. „Daher ist es wichtig, Risikomanagementstrategien zu entwickeln, die flexibel auf Veränderungen reagieren können“, betonen die ForscherInnen.
Komplexe, systemische Risiken stellen aufgrund der zahlreichen Einflussfaktoren und verschiedenen AkteurInnen eine besondere Herausforderung dar. „Um gemeinsam zeitnah umsetzbare Lösungen erarbeiten zu können, müssen Maßnahmen zur Förderung der Resilienz allen Beteiligten Anreize bieten“, sind die WissenschafterInnen überzeugt. Und auch die Verringerung wirtschaftlicher und anderer sozialer Ungleichheiten sowie Investitionen in Strukturen zur Unterstützung der am meisten gefährdeten Gruppen würden die Widerstandsfähigkeit auf vielen Ebenen erhöhen.
Die Pandemie mit ihren Lockdowns hat gezeigt, dass es möglich ist, die CO2-Emissionen schnell und in großem Ausmaß zu verringern, so wie es nötig wäre, um den Klimawandel gemäß der Pariser Klimaziele zu begrenzen. Keine aller politischen oder technologischen Bemühungen hat dies bisher auch nur annähernd erreicht. „Der Gedanke, dass wir unsere Wirtschaft verlangsamen müssten, um die Klimakrise zu bewältigen, ist unangenehm, aber wir sind jetzt an einem Punkt angelangt, an dem wir offen für drastische Maßnahmen sein müssen. Die Zeit der halben Sachen ist vorbei. Wir brauchen einen tiefgreifenden Systemwandel“, sagt Ringsmuth. Wie wir diesen gestalten könnten, um den Menschen auch weiterhin ein angenehmes und erfülltes Leben zu sichern, ist ein Thema aktueller Forschungen.