Seit Jahrzehnten stellen ForscherInnen Veränderungen in der Atmosphäre fest. So wird die Troposphäre, die Wetterschicht, zunehmend wärmer, während sich die darüber liegende Stratosphäre abkühlt. Dadurch verschiebt sich die Grenze zwischen den beiden Schichten – die Tropopause – immer weiter nach oben. Andrea Steiner und Hallgeir Wilhelmsen vom Wegener Center und Doktoratskolleg Klimawandel der Universität Graz haben gemeinsam mit Leo Haimberger von der Universität Wien und KollegInnen aus China, Kanada und den USA Daten aus den Jahren 1980 bis 2020 analysiert. Die Ergebnisse, die im Wissenschaftsjournal Science Advances publiziert wurden, belegen nun das Ausmaß des Anstiegs der Tropopause. Pro Dekade hebt sich diese Grenze über der nördlichen Hemisphäre um rund 50 Meter. Die langfristigen Temperaturtrends in der Atmosphäre stehen mit Treibhausgasemissionen in Verbindung. Die Strukturveränderungen können unter anderem auch auf großräumige Zirkulationsmuster rückwirken, die das globale Klima- und Wettergeschehen bestimmen.
„Indem sich die Troposphäre erwärmt, dehnt sie sich aus und schiebt damit die Grenze zur Stratosphäre nach oben. Gleichzeitig zieht sich die Stratosphäre durch ihre Abkühlung zusammen, was den Anstieg der Tropopause zusätzlich fördert“, erklärt Andrea Steiner, Leiterin des Wegener Center der Universität Graz und Ko-Autorin der aktuellen Publikation. Interessant ist, dass sich das Verhältnis, in dem die Veränderungen in beiden Schichten zur Verlagerung der Grenze beitragen, im Beobachtungszeitraum deutlich verschoben hat: „Von 1980 bis 2000 trugen Wetterschicht und Stratosphäre zu jeweils 50 Prozent zur Erhöhung der Tropopause bei. Seit der Jahrtausendwende ist die stärkere Erwärmung der Wetterschicht zu rund 80 Prozent für den Anstieg der Grenze verantwortlich“, berichtet Steiner. Der Einfluss der Stratosphäre hat sich auf etwa 20 Prozent reduziert. „Das erklärt sich durch ihre verringerte Abkühlung, die wiederum im Zusammenhang mit der Regeneration der Ozonschicht zu sehen ist“, ergänzt die Atmosphärenphysikerin.
Für die aktuelle Publikation haben die ForscherInnen Beobachtungsdaten von Radiosonden sowie Radio-Okkultationsdaten analysiert. Erstere werden von Wetterballons getragen und decken die nördliche Hemisphäre gut ab. Radio-Okkultationsmessungen stehen erst seit 2001 kontinuierlich zur Verfügung. Sie basieren auf GPS-Signalen, die von Sender- zu Empfängersatelliten geschickt und auf ihrem Weg durch die Atmosphäre durch Temperatur und andere Faktoren beeinflusst werden. Daraus lassen sich äußerst genaue Daten über diese Klimavariablen in allen Schichten der Atmosphäre ableiten. Darüber hinaus wird es möglich, durch natürliche Phänomene verursachte kurzfristige Klimaschwankungen von langfristigen Trends klar zu unterscheiden.
Publikation
Continuous rise of the tropopause in the Northern Hemisphere over 1980–2020
Lingyun Meng, Jane Liu, David W. Tarasick, William J. Randel, Andrea K. Steiner, Hallgeir Wilhelmsen, Lei Wang, Leopold Haimberger
Science Advances, 7, eabi8065 (2021), 5. November 2021