Privatjets, Luxusyachten, teure Schlitten – weltweit verursachen 0,5 Prozent der reichsten Menschen mehr CO2-Emissionen als 50 Prozent der ärmsten und verbrauchen dabei ungleich mehr Ressourcen. Würden die Privilegierten im Sinne einer gerechteren Verteilung etwas zurückstecken, könnte die Gesamtgesellschaft besser mit dem Klimawandel umgehen. Das legen Erkenntnisse aus einem Verhaltensexperiment nahe. Ilona M. Otto, Ressourcen-Ökonomin an der Universität Graz, hat gemeinsam mit internationalen KollegInnen die Ergebnisse analysiert.
Das Experiment wurde in Form eines Spiels durchgeführt. Die Teilnehmenden waren Landwirte und Studierende aus der chinesischen Region Hangzhou. Das Spiel simulierte ein kleines Bewässerungssystem mit fünf Parteien entlang eines Kanals. Die Herausforderung bestand darin, bestmöglich mit zunehmender Trockenheit zurechtzukommen. „Das Experiment zeigt, dass eine faire Ressourcenverteilung entscheidend dafür ist, dass die Anpassung an die veränderten Umweltbedingungen gelingt, und dass es in der Hand der privilegierten AkteurInnen liegt, für diese gerechte Verteilung zu sorgen“, fasst Ilona M. Otto die Ergebnisse zusammen.
An den sozialen Simulationen nahmen mehrere Gruppen zu je fünf AkteurInnen teil. Diese fünf hatten Anbaugebiete entlang des Bewässerungskanals. Das Los entschied über die Position. Jene am oberen Ende des Kanals waren privilegiert, weil sie als erste Wasser entnehmen konnten, so viel sie wollten, jene weiter unten mussten nehmen, was übrig blieb.
In der ersten Spielrunde hatte die Teilnehmenden die Option, finanziell in die Pflege des Kanals zu investieren. Je mehr Geld alle gemeinsam einzahlten, umso mehr Wasser stand insgesamt zur Verfügung. In der zweiten Runde kamen Wetterunsicherheiten ins Spiel, sodass höhere Investitionen nicht unbedingt mehr Wasser garantierten. Mit der Zeit nahm die Trockenheit zu. In der dritten Runde konnten sich die AkteurInnen für Anpassungsmaßnahmen entscheiden, um die Ressourcennutzung zu optimieren: entweder gemeinsam eine Pumpe kaufen, wobei dazu mindestens drei SpielerInnen notwendig waren, oder jedeR für sich in einen Wetterdienst investieren.
„Kooperative Gruppen, also jene, in denen die AkteurInnen gemeinsam investierten und aufeinander Rücksicht nahmen, konnten sich viel besser an die Trockenheit anpassen als weniger kooperative Gruppen“, berichtet Ilona M. Otto. Besonders interessant dabei ist, dass es die privilegierten AkteurInnen waren, die entscheidenden Einfluss auf die Gruppendynamik hatten. „Wenn jene am oberen Teil des Kanals weniger Wasser entnahmen und sich damit die Ressourcen fairer verteilten, waren alle Parteien kooperativer, weil sie einander mehr vertrauten“, ergänzt die Forscherin.
Auch wenn sich diese Erkenntnis aus dem Experiment nicht automatisch auf andere Situationen übertragen lässt, so macht sie doch soziale Dynamiken sichtbar und zeigt, dass Gerechtigkeit ein wichtiger Treiber für kollektive Anstrengungen zur Bewältigung des Klimawandels sein kann. „Die Sensibilisierung privilegierter RessourcennutzerInnen für ihre entscheidende Rolle bei der Förderung von Zusammenarbeit scheint ein sinnvoller Schritt zu sein, um die Chancen einer erfolgreichen Anpassung der Gesamtgesellschaft zu erhöhen“, meinen die AutorInnen der kürzlich erschienenen Studie.
Publikation
Cooperation Enhances Adaptation to Environmental Uncertainty: Evidence from Irrigation Behavioral Experiments in South China
Sebastian Heinz; Ilona M. Otto; Rong Tan; Yingyi Jin; Thilo Glebe
Water, 2022-03, DOI: 10.3390/w14071098